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Ist das Gras anderswo immer grüner? Zusammenfassung der 4. internationalen LWA EU-Konferenz – 2022

27 Januar 2023
Veterinary University Vienna

Die vierte thematische Konferenz des LIFE WolfAlps EU Projekts fand am Nachmittag des 05. Dezember und am Morgen des 06. Dezember 2022 im Universitätsinstitut Séolane in der Stadt Barcelonnette in den südlichen französischen Alpen statt. Die von der französischen Agentur für Biodiversität (OFB) mit Unterstützung des Nationalparks Mercantour (PNM) organisierte Veranstaltung konzentrierte sich auf den Austausch von Managementstrategien für die Koexistenz von Wölfen und menschlichen Aktivitäten in Europa. Das Wolfsmanagement in Europa wird im Wesentlichen auf nationaler oder regionaler Ebene durchgeführt. Dies führt oftmals zu der Behauptung, dass das Management der Auswirkungen von Wölfen auf menschliche Aktivitäten anderswo weniger umstritten oder weniger schwierig sei als im eigenen Land oder in der eigenen Region. Diese Konferenz bot einem breiten und vielfältigen Publikum (Nutztierhalter:innen, Jäger:innenn, Umweltschützer:innen und der breiten Öffentlichkeit) die Gelegenheit, diese Vorstellung kritisch zu bewerten und von Wolfsmanagern und -expert:innen mehr über die Herausforderungen, Kontroversen und möglichen Lösungen beim Management des großen Beutegreifers und seiner Auswirkungen auf menschliche Aktivitäten in Frankreich, Italien, Österreich, Slowenien, Deutschland, Spanien und der Slowakei zu erfahren.

In insgesamt 8 Stunden wurden neun Vorträge wurden in Person und online von 12 verschiedenen Expert:innen für Wolfsmanagement gehalten (siehe Programm). Am 05. Dezember nahmen 39 Personen persönlich an der Konferenz teil, am 06. Dezember waren es 28 Personen. 474 Personen waren an den beiden Tagen online mit dabei (ohne Konferenzorganisation, Redner:innen, technisches Personal und Dolmetscher:innen). Die höchste Anzahl an online parallel teilnehmenden Personen waren am 05. Dezember 385 Personen und am 06. Dezember 297 Personen. Die Online-Teilnehmer:innen kamen aus 16 verschiedenen europäischen Ländern oder arbeiteten in diesen Ländern und verbrachten durchschnittlich 270 Minuten (4,5 Stunden) online. Täglich wurden etwa 100 Fragen online beantwortet.


Hier folgt eine kurze Zusammenfassung der Konferenz:

Montag, 5. Dezember 2022

Die Veranstaltung begann mit Begrüßungs- und Einführungsworten von Francesca Marucco, der wissenschaftlichen Koordinatorin des Life WolfAlps EU Projekts, die den internationalen, gemeinschaftlichen Ansatz des Projekts und der Konferenz hervorhob. Die Bürgermeisterin von Barcelonnette, Sophie Vaginay-Ricour, und der Vertreter der Zentralregierung des Departements Alpes-de-Haute-Provence, Dahalani M’houmadi, hießen die Teilnehmer:innen herzlich willkommen und brachten ihre Freude darüber zum Ausdruck, dass die Stadt und das Departement als Veranstaltungsort gewählt wurden. Loïc Obled, stellvertretender Generaldirektor für Polizei, Wissen und Expertise im OFB, und Aline Comeau, Direktorin des Nationalparks Mercantour, hießen die Teilnehmer:innen ebenfalls willkommen und gaben einen kurzen Überblick über das Wolfsmanagement und aktuelle Themen auf nationaler und lokaler Ebene. Die Moderator:innen der Konferenz, John Thompson, Vorsitzender des wissenschaftlichen Ausschusses des Mercantour-Nationalparks, und Laure Fillon, freie Journalistin, erläuterten anschließend die Funktionsweise der Hybridkonferenz (online und in Person).

Die Veranstaltung begann mit einer Präsentation des französischen Kontextes durch Sabrina Largo von DRAAF AURA (der regionalen öffentlichen Agentur für Land- und Forstwirtschaft) und Juliette Bligny von DREAL AURA (der regionalen öffentlichen Agentur für die Steuerung des Wolfsmanagements in Frankreich). Sie erläuterte ausführlich die aktuelle Version (2018-2023) des französischen Nationalen Aktionsplans für den Wolf und die Viehzucht sowie aktuelle Informationen über den Schutz von Nutztieren, die letale Kontrolle von Wölfen und die durch den Plan finanzierten Kommunikations- und Forschungsaktivitäten. Die von Wölfen in Frankreich verursachten Schäden an Nutztieren scheinen nach stabilen Zahlen von 2018 bis 2021 im Jahr 2022 wieder zuzunehmen und wurden nun sogar am nordwestlichen Rand des Landes gemeldet. Im Jahr 2021 wurden 106 Wölfe gemäß der Ausnahmeregelung für den streng geschützten Status und zum Schutz von Nutztieren getötet, wenn keine andere Schutzmaßnahme zu greifen schien. Im Jahr 2022 sind bisher 163 Wölfe getötet worden. Zu den im Rahmen des Nationalen Aktionsplans finanzierten Studien gehörten die Zukunft des Weidewesens in Frankreich, die Auswirkungen der Wolfsabschüsse auf die Schäden am Nutztierbestand, das Verhalten von Wölfen im landwirtschaftlichen Weidewesen, verschiedene Aspekte von Herdenschutzhunden, die Kosten von großen Beutegreifer, die Attraktivität des Schäferberufs und die Auswirkungen von Wolfsangriffen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden von Nutztierhalter:innen und Schäfer:innen. In der kommenden Version des französischen Nationalen Aktionsplans sind mehrere neue Studien zu einer Vielzahl von Themen geplant.

Die Konferenz wurde mit einem Vortrag aus Italien fortgesetzt, der von Piero Genovesi vom ISPRA, dem italienischen Institut für Umweltschutz und Forschung, in Zusammenarbeit mit Paola Aragno vom ISPRA und Francesca Marucco von der Universität Turin gehalten wurde. Das Wildtiermanagement in Italien unterscheidet sich von der Verwaltung in zentralisierten Ländern wie Frankreich, da es in die Zuständigkeit der Regionen und autonomen Provinzen fällt. ISPRA muss konsultiert werden, wenn Maßnahmen in Bezug auf Wölfe geplant sind (z. B. Entnahme oder Tötung von Individuen), aber der Rat des Institutes nicht bindend. Im Jahr 2002 wurde ein nationaler Aktionsplan verabschiedet, der die Möglichkeit der Entnahme von Wölfen ausschloss. Dieser Plan wurde überarbeitet, wobei diese und andere Erhaltungs-, Bewirtschaftungs- und Schutzmaßnahmen geändert wurden. Aufgrund laufender Diskussionen wurde ein aktualisierter Plan jedoch noch nicht genehmigt. Bis jetzt wurde die Entnahme von Wölfen in Italien noch nie genehmigt. Was das Wolfsmonitoring anbelangt, so führten umfangreiche Probenahmen und Analysen zu einer Schätzung von 124 Wolfsrudeln und -paaren in den italienischen Alpen in den Jahren 2020-2021 und zu einer geschätzten Anzahl von 822 bis 1.099 Wölfen in diesem Gebiet. Ein ähnlicher Aufwand wurde für den Rest des Landes betrieben und führte zu einer Schätzung von 3.307 (zwischen 2.945 und 3.608) Wölfen in ganz Italien. Mit der Zunahme der Zahl der Wölfe steigt auch die Zahl der Berichte über habituierte und städtische Wölfe. Das ISPRA rät, den Einsatz von Vergrämungstechniken wie Gummigeschossen und die Möglichkeit des Einfangens oder der Umsiedlung problematischer Tiere in Betracht zu ziehen. Die Hybridisierung mit Hunden, die auf der italienischen Halbinsel ein großes Problem darstellt, wurde nun auch in den italienischen Alpen dokumentiert. Die derzeitige Politik besteht darin, die Hybriden einzufangen, zu sterilisieren und wieder in die freie Wildbahn zu entlassen, obwohl auch eine dauerhafte Gefangenschaft eine Option ist. Was die Schäden an Nutztieren betrifft, so ereignen sich in Italien durchschnittlich 3.597 Fälle pro Jahr. Wie in Frankreich sind es die Tiere einer Minderheit von Nutztierhalter:innen (landesweit etwa 1.300), die immer wieder von Wölfen angegriffen werden und erhebliche Verluste erleiden. Der Einsatz von Gummigeschossen zum Schutz von Nutztieren ist in Italien jedoch nur selten anwendbar und wirksam, obwohl ein Versuchsprojekt in Venetien darauf hindeutet, dass es mit dieser Technik gelungen ist, das Verhalten eines habituierten Wolfes zu ändern.

Das Wolfsmanagement in Österreich wurde anschließend von Klaus Pogadl, Präsident des Österreichzentrums Bär, Wolf und Luchs, vorgestellt. Das Land liegt im Überlappungsbereich mehrerer expandierender Wolfspopulationen: der alpinen im Westen, der mitteleuropäischen im Norden und der dinarischen im Süden. Anfang der 2000er Jahre kehrten die Wölfe nach Österreich zurück und 2016 wurde das erste Rudel im Land bestätigt. Im Jahr 2022 hielten sich schätzungsweise 50 bis 60 Wölfe zumindest zeitweise in Österreich auf. Ähnlich wie in Italien liegt das Wolfsmanagement in Österreich in der Verantwortung der Bundesländer und ist nicht auf nationaler Ebene zentralisiert. Um die Bundesländer bei der Koordination des Managements zu unterstützen, wurde 2019 das „Österreichzentrum Bär, Wolf und Luchs“ als Zusammenschluss von Mitgliedern aus verschiedenen Interessengruppen gegründet. Im Bereich des Herdenschutzes ist das Österreichzentrum Partner des LIFEstockProtect-Projekts, das darauf abzielt, das Wissen und die Akzeptanz von Herdenschutzmaßnahmen zu erhöhen. Doch in einem Land, in dem viele Nutztierhalter:innen Nebenerwerbs- und Kleinbauern sind, in dem es nur in einigen Bundesländern Subventionen für den Schutz gibt und in dem die Einführung von Schutzmaßnahmen die Halter:innen abwertend als „Pro-Wölfe“ bezeichnen könnte, wächst der Schaden. Eine Initiative in Österreich bestand jedoch darin, den Schutz von Nutztieren in den Lehrplan für die Ausbildung von Schäfer:innen zu integrieren, während eine andere darin bestand, im Rahmen des LIFE WolfAlps EU Projektes Interventionseinheiten zur Schadensprävention einzurichten, die Nutztierhalter:innen nach einem Wolfsangriff in ihrer Herde helfen. Für die Zukunft wird erwartet, dass Wölfe Österreich wieder besiedeln und sich weiter ausbreiten werden.

Der erste Konferenztag wurde mit einem Vortrag von Rok Černe und Matej Bartol vom slowenischen Forstdienst abgeschlossen. Ähnlich wie in mehreren europäischen Ländern wurde auch in Slowenien eine intensive, von der Regierung geförderte Kampagne zur Ausrottung des Wolfes durchgeführt. Doch im Gegensatz zu einigen anderen europäischen Ländern trugen die Jäger:innen in Slowenien dazu bei, dass die Art 1990 vollständig unter Schutz gestellt wurde. Seitdem hat sich die Population von Süden her ausgebreitet und die nordwestliche, alpine Region des Landes an der Grenze zu Italien erreicht. Was die Bewirtschaftung betrifft, so wurde 2009 eine Strategie angenommen und im Rahmen des LIFE SloWolf Projekts ein nationaler Aktionsplan (2013-2017) erstellt; beide Dokumente werden derzeit überarbeitet. Die Schäden durch Wölfe an Nutztieren nahmen bis 2010 zu, als eine aktive Zusammenarbeit mit den Nutztierhalter:innen begann und Kontrollen über den ordnungsgemäßen Einsatz von Zäunen und Herdenschutzhunden eingeführt wurden. Auch hohe Elektrozäune (über 145 cm) wurden zum Schutz des Viehbestands eingesetzt. Die Daten von 2008 bis 2022 zeigen große Schwankungen, aber einen allgemeinen Trend zu einem Rückgang der Zahl der Schadensfälle und der Entschädigungszahlungen in Slowenien, insbesondere ab 2019. Die Jäger:innen sind weiterhin aktiv beteiligt, indem sie Maßnahmen gegen Wilderei koordinieren. Eine nachhaltige Kommunikationsarbeit, die sich an verschiedene Interessengruppen richtet, ist ebenfalls Teil der Strategie des Landes zur Förderung der Koexistenz mit großen Beutegreifern. Das Wolfsmonitoring ähnelt den in anderen Alpenländern angewandten Methoden und basiert auf der individuellen Erkennung von Tieren anhand genetischer Daten, die eine Schätzung der Populationsgröße, der Verwandtschaftsbeziehungen, der demografischen Parameter und der Erkennung von Wolf-Hund-Hybriden ermöglichen. In Slowenien können Abschüsse durchgeführt werden, um schwere Schäden an Nutztieren zu verhindern, Tiere zu entfernen, die als gefährlich für Menschen gelten, und Wolf-Hund-Hybriden zu eliminieren. Seit 2019 wurden in Slowenien weniger als 10 Wölfe pro Jahr für jeden dieser drei möglichen Fälle getötet.

Dienstag, 6. Dezember 2022

Die Konferenz begann am nächsten Morgen mit einem Vortrag von Bernarda Bele von der Universität Ljubljana über die Ergebnisse der Studie zur menschlichen Dimension des LIFE WolfAlps EU Projekts. Ziel dieser Studie war es, die Einstellungen und Wahrnehmungen verschiedener Interessengruppen (allgemeine Öffentlichkeit, Jäger:innen, Nutztierhalter:innen, Tourismusfachleute, Bildungsfachleute, Medienfachleute und Umweltschützer:innen) gegenüber dem Wolf und dem Wolfsschutz in ausgewählten Gebieten in Frankreich, Italien, Österreich und Slowenien zu bewerten, in denen Wölfe in den letzten fünf oder zehn Jahren entweder sporadisch oder dauerhaft vorkamen. Aufgrund der COVID-Beschränkungen wurde der quantitativ strukturierte Fragebogen auf verschiedene Weise an Personen in 16 Untersuchungsgebieten verteilt, so dass insgesamt 7610 Fragebögen eingingen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Befragten in Frankreich anscheinend am besten über Wölfe Bescheid wussten, dicht gefolgt von den Befragten in Slowenien und Italien. Im Allgemeinen schienen Nutztierhalter:innen die negativsten Vorstellungen über Wölfe zu haben, dicht gefolgt von Jäger:innen, außer in Slowenien (was die am Vortag von der slowenischen Forstbehörde übermittelten Informationen bestätigt). In Österreich befürwortete die Mehrheit der Interessenvertreter:innen den Wolf und den Wolfsschutz nicht, was jedoch auf die in diesem Land verwendeten Stichprobenmethoden zurückzuführen sein könnte. Während der Frage- und Antwortrunde im Saal äußerten die österreichischen Kollegen ihre Überraschung über die eher positiven Ergebnisse in Frankreich, was das französische OFB LWA EU-Team zu der Vermutung veranlasste, dass dies zumindest teilweise durch die Methoden erklärt werden könnte, die zur Befragung der Öffentlichkeit in diesem Land verwendet wurden.

Die folgenden drei Präsentationen waren Ländern gewidmet, die nicht am LWA-EU-Projekt beteiligt sind. Den Anfang machte Ilka Reinhardt in Zusammenarbeit mit Gesa Kluth, beide von Lupus, dem Institut für Wolfsmonitoring und -forschung in Deutschland. Wie in Italien und Österreich liegt das Wolfsmanagement und -monitoring in der Verantwortung der Bundesländer, wobei eine einheitliche Datenauswertung und -interpretation durch nationale Standards gewährleistet wird. Die meisten Wolfsrudel und -paare kommen im Nordosten des Landes vor, und die Population ist seit Anfang der 2000er Jahre stetig gewachsen. Für 2021-2022 werden 161 Rudel und 42 Paare im Land geschätzt. Ähnlich wie in anderen europäischen Ländern sind die Hauptursache für Konflikte Angriffe auf Nutztiere, in geringerem Maße gefolgt von der Konkurrenz um Wildarten und der Angst vor Wölfen. Die Daten zu den durch Wölfe verursachten Schäden an Nutztieren zeigen generell eine steigende Tendenz, ebenso wie steigende Summen, die für Entschädigungen und Schutzmaßnahmen ausgegeben werden. In allen Bundesländern, in denen Wölfe vorkommen, gibt es Regelungen zur Schadensprävention und Entschädigung, wobei die Einzelheiten der Umsetzung unterschiedlich sind. Abschüsse werden ebenfalls auf Landesebene verwaltet und im Rahmen von Ausnahmeregelungen von Fall zu Fall durchgeführt (es gibt keine Politik der Populationskontrolle oder Quoten). Seit 2008 wurden in Deutschland nur 10 Wölfe entnommen (6 zum Schutz von Nutztieren, 2 zur Entnahme von Wölfen, die sich nicht mehr scheu verhielten, 1 von dem angenommen wurde, dass er sich mit einem Hund paart, und 1, der behindert war). Im Jahr 2016 richtete das Bundesamt für Naturschutz die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Wolf (DBBW) ein, die Behörden berät, Informationen auf nationaler Ebene zusammenstellt und der Öffentlichkeit Fachberichte und Informationen zur Verfügung stellt.

Juan Carlos Blanco, ein unabhängiger Berater für Wildtiere, stellte anschließend die aktuelle Situation des Wolfsmanagements in Spanien vor und ging dabei insbesondere auf die Folgen des kürzlich erfolgten vollständigen Schutzes der Art in diesem Land ein. Ursprünglich waren Wölfe über den größten Teil Spaniens verbreitet, aber bis zum Ende des 20. Jahrhunderts gab es nur noch im Nordwesten des Landes eine Restpopulation, sowie einige Reliktpopulationen die verstreut im Süden des Landes lebten. Schäden an der Viehzucht sind weit verbreitet: Jedes Jahr werden mehr als 11.000 Tiere getötet, was Kosten in Höhe von 3,5 Millionen Euro/Jahr verursacht. Wie andere europäische Länder ist auch Spanien ein dezentralisiertes Land, in dem das Wolfsmanagement in die Zuständigkeit der autonomen Regionen fällt. Entschädigungen werden daher von den Regionalregierungen gezahlt (mit einigen Ausnahmen). Der Fluss Duero war bis vor kurzem ein zentrales Element des Wolfsmanagements in Spanien, da die Wölfe nördlich des Flusses als Wildtierart gelistet waren, während sie südlich des Flusses vollständig geschützt waren. Im Jahr 1999 wurde in Spanien eine Wolfsarbeitsgruppe gegründet, und 2005 wurde ein nationaler Aktionsplan verabschiedet, der dann von den verschiedenen autonomen Regionen angepasst wurde. In den letzten 20 Jahren hat die mangelnde Koordinierung jedoch zum Zusammenbruch der Arbeitsgruppe Wolf geführt, zeitgleich mit dem Aussterben der Reliktpopulationen im Süden und dem Ende der Ausbreitung der nördlichen Population kam es zum Aufkommen einer Wolfstourismusindustrie in der Sierra de la Culebra und einer zunehmenden Polarisierung zwischen den Befürwortern der Wolfsjagd und den Befürwortern eines vollständigen Schutzes der Art. Im Februar 2021 wurde ein Vorschlag zur Aufnahme des Wolfs in die spanische Liste der vollständig geschützten Arten den Regionen zur Abstimmung vorgelegt. Alle Regionen, in denen mehr als 95 % der Wolfspopulation vorkommen, stimmten gegen die Änderung, die jedoch auf nationaler Ebene mit einer einzigen Stimme Unterschied angenommen wurde. Dies hat zu enormen politischen Konflikten geführt und einige prominente Naturschützer:innen des Landes dazu veranlasst, den Top-Down-Ansatz zu kritisieren, der zum vollständigen Schutz der Wölfe führte. Auf jeden Fall wurde in Spanien seit September 2021 kein einziger Wolf mehr legal getötet.

Robin Rigg von der Slowakischen Gesellschaft für Wildtiere und der Universität Ljubljana hielt in Zusammenarbeit mit Joseph Bučko, dem Direktor des Nationalen Forstzentrums des Instituts für Waldressourcen und -information in der Slowakei, einen Vortrag über das Wolfsmanagement in der Slowakei. Wie in anderen europäischen Ländern wurden Wölfe als Schädlinge verfolgt und in den 1960er und 1970er Jahren fast ausgerottet. Es folgte ein teilweiser gesetzlicher Schutz (der Wolf wurde als Wildart eingestuft, und es wurden Jagdquoten festgelegt), und die Population hat sich seitdem weiter ausgebreitet. Die Zahl der im Land gejagten oder getöteten Wölfe schwankte jedoch im Laufe der Jahre aufgrund der unterschiedlichen Rechtsvorschriften. Das Wolfsmonitoring basierte auf einfachen Zählungen durch Jäger:innen, aber die Zahlen, die aus genetischen Daten in einem Pilotgebiet gewonnen wurden, zeigten, dass diese Zählungen die Wolfspopulation im Land um einen Faktor von etwa 5 überschätzten. Die Anwendung dieses Korrekturfaktors auf die landesweit ermittelten Zahlen führte zu einer Schätzung von 609 Wölfen in der Slowakei. Was die Schäden an Nutztieren anbelangt, so konzentrieren sich die meisten Verluste (80 %) auf wenige Schafherden (12 %), und die Höhe der Schäden hängt stark vom Vorhandensein oder Fehlen von Schutzmaßnahmen ab. Wölfe verursachen in der Slowakei 31-mal weniger wirtschaftliche Schäden als wildlebende Huftiere, und die Zahl der Wölfe korreliert positiv mit der Zahl des Rotwildes im Land, ohne dass dies zu größeren Schäden an Nutztieren führt. Entschädigungen für Schäden werden seit 2002-2003 gezahlt; die Zahlungen sind an das Vorhandensein von Schutzmaßnahmen geknüpft, aber es stehen keine öffentlichen Mittel für die Prävention zur Verfügung. In der Slowakei wird kein offensichtlicher Zusammenhang zwischen den Schäden an Nutztieren und der Zahl der bejagten Wölfe festgestellt. Im Jahr 2021 wurde die Art in dem Land für vollständig geschützt erklärt, aber es ist noch zu früh, um die Ergebnisse dieser Politik zu bewerten.

Der letzte Vortrag wurde von Nathalie Siefert und Rachel Berzins vom Mercantour Nationalpark gehalten. Der Wolf begann seine Wiederbesiedlung Frankreichs von diesem Park aus im Jahr 1992. Eine erste Beobachtung des Tieres wurde von Parkmitarbeiter:innwn gemacht, aber die Informationen wurden sechs Monate lang vertraulich behandelt, um den Wahrheitsgehalt der Beobachtung zu bestätigen, den gesetzlichen Schutz der Art zu gewährleisten und ein Protokoll zum Umgang mit Wolfsrissen zu erstellen. Ein Wildtiermagazin gab die Rückkehr des Wolfes jedoch öffentlich bekannt, bevor die Regierung eine offizielle Erklärung abgab, was zu Gerüchten über eine geheime Wiederansiedlung von Wölfen durch den Nationalpark führte. Eine parlamentarische Untersuchung im Jahr 2003 verwarf die Hypothese einer künstlichen Wiederansiedlung von Wölfen in Frankreich, aber die schlechte Kommunikation hat bis heute dazu geführt, dass viele Menschen an der natürlichen Rückkehr des Wolfes zweifeln. Das Wolfsmonitoring in Frankreich begann im Park, ebenso wie die ersten Verfahren zur Meldung und Entschädigung von Nutztierrissen, die ersten Beobachtungen des Wolfsverhaltens mit Wärmebildkameras und die erste Räuber-Beute-Studie. Seit der Rückkehr des großen Beutegreifers bemüht sich der Mercantour, die Anwesenheit der Wölfe und die Weidetätigkeit miteinander in Einklang zu bringen, und zwar durch die Finanzierung von Schutzmaßnahmen im Rahmen von zwei LIFE Projekten (1997-1999 und 2000-2003) und jetzt durch die Arbeit der Interventionseinheit zur Wolfsprävention (WPIU) im Rahmen des LIFE WolfAlps Eu Projektes. Im Jahr 2021 entfielen etwa 10 % der gerissenen Nutztiere in Frankreich auf den Park, wobei alle Nutztierhalter:innen mindestens 2, wenn nicht sogar 3 Schutzmaßnahmen anwenden. 2009 wurde ein Ausschuss für nachhaltige Landwirtschaft gegründet, der mit Fachleuten aus der Landwirtschaft zusammenarbeitet und Raum für den Austausch von Informationen sowie für Diskussionen und Debatten über Vorschläge und Entscheidungen des Parks schafft.

Die Konferenzmoderatoren John Thompson und Laure Fillon beendeten die Veranstaltung mit einem Dank an alle Teilnehmer:innen für die Qualität ihrer Beiträge, Fragen und der Debatte. Sie betonten die Vielfalt des Kontextes, der Rahmenbedingungen, der Wahrnehmungen und Einstellungen sowie der Managementstrategien in den verschiedenen auf der Konferenz vertretenen Ländern, die Notwendigkeit eines gemeinsamen Rahmens, die Notwendigkeit, alle Interessengruppen in das Wolfsmanagement einzubeziehen, und die entscheidende Bedeutung von Kommunikation und Bildungsinitiativen. Ob das Gras anderswo immer grüner ist oder nicht, ist daher eine höchst subjektive Sichtweise.

Die Konferenz kann auf dem Youtubel Kanal des LIFE WolfAlps EU Projektes nachgesehen werden.